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„Verbraucht“ Mais viel Wasser?

Den Spritverbrauch ihres Autos kennen heute wegen der steigenden Kraftstoffpreise und knapper werdender Erdölvorkommen viele Verbraucher. Ähnlich ist es bei Landwirten und der „Wassernutzungseffizienz“ von Pflanzen: Im Zuge des Klimawandels voraussichtlich häufiger auftretende Sommertrockenheit macht den Wasserbedarf von Mais zu einer immer wichtigeren Kenngröße.

 

Mais ist ein „Sparmeister“

Der Wasserverbrauch von Pflanzenbeständen setzt sich aus zwei Hauptbestandteilen zusammen: der Transpiration der Pflanzen über ihre Spaltöffnungen und der Evaporation als Verdunstung von Wasser über die Bodenoberfläche. Dabei überwiegt in der Summe die Transpiration als produktiver, weil mit Substanzbildung verbundener Anteil deutlich. Betrachtet man nur diesen produktiven Anteil des Wasserverbrauchs und berechnet daraus den Transpirationskoeffizienten (TK) als Wassermenge, die pro Kilogramm pflanzlicher Trockenmasse verbraucht wird, dann ergibt sich für Mais ein Wert von 100 bis 300 l/kg und für Weizen ein TK zwischen 156 und 410 l/kg. Für Prof. Wilfried Ehlers, vormals Department für Nutzpflanzenwissenschaften der Georg-August-Universität in Göttingen, ergibt sich daraus ein klares Bild: „Zur Ertragsbildung braucht der Mais weniger Transpirationswasser als Winterweizen“. Das bedeutet, aus einem bestimmten Wasservorrat kann Mais einen erheblich höheren Ertrag realisieren als z. B. Weizen. Letztendlich „verbrauchen“ Pflanzen jedoch nicht wirklich Wasser. So, wie Wasser aus Meeren, Flüssen und Seen verdunstet, zur Wolkenbildung führt und damit erst Niederschläge ermöglicht, tragen auch die Evaporation und die Transpiration aus Feldern, Wäldern und Wiesen zu diesem unverzichtbaren Kreislauf bei.


Das Plus der C4-Pflanzen

Als sogenannte C4-Pflanze weist der Mais eine höhere Wassernutzungseffizienz auf als C3-Pflanzen wie beispielsweise Weizen, Kartoffeln oder Zuckerrüben. Das liegt daran, dass bei der Bildung von Kohlenhydraten im Zuge der Fotosynthese hier nicht eine Verbindung mit drei, sondern eine mit vier Kohlenstoffatomen als Zwischenstufe angelegt wird. Insbesondere bei wärmeren und trockeneren Wachstumsbedingungen ist damit eine höhere Effizienz von Stoffwechsel und Wassernutzung verbunden.

Das gilt im Übrigen auch für Sorghumhirsen; Sorghum ist im warmen und trockenen Klima Ostafrikas beheimatet und deshalb sehr gut an solche Wachstumsbedingungen angepasst. Um die Potenziale dieser und anderer C4-Pflanzen unter hiesigen Anbaubedingungen auszuloten, erfolgt der Anbau inzwischen auch in Deutschland – allerdings bislang mit Hinweisen auf eine Wassernutzungseffizienz, die geringer ist als die von Mais.


Gutes noch besser machen

Der Klimawandel ist ein wichtiges Thema für die Pflanzenzüchter. Bei der Züchtung geht es – vereinfacht ausgedrückt – darum, in dem weltweit verfügbaren Genpool einer Pflanzenart jeweils die besten Eigenschaften etwa hinsichtlich Ertrag, Nährstoffaneignungsvermögen, wertgebenden Inhaltsstoffen, Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und Schädlinge oder eben auch die Toleranz gegenüber hohen Temperaturen und Trockenphasen optimal zu kombinieren: Eine ebenso spannende und herausfordernde wie zeitaufwendige Arbeit. Mit Blick auf den Klimawandel gibt es bei der züchterischen Bearbeitung von Mais zwei Ansatzpunkte: die effektivere Nutzung der verfügbaren Wassermenge und eine höhere Toleranz gegenüber Trockenstress. Dies wird allerdings dadurch erschwert, dass das Merkmal „Trockentoleranz“ nur eine geringe Erblichkeit besitzt, Phasen mit Trockenstress hier bislang nicht regelmäßig auftreten und damit die Möglichkeit zur Selektion geeigneter Genotypen auf einzelne Jahre beschränkt bleibt. Die Pflanzenzüchter Dr. Peter Westermeier und Sebastian Gresset von der TU München weisen auch darauf hin, dass Trockenstress im Feld selten isoliert auftritt, „sodass die Reaktion der Pflanzen oft eine Kombination aus Wassermangel, Hitzestress und Nährstoffmangel darstellt.“ Vor diesem Hintergrund ist die Optimierung des Wurzelsystems als Voraussetzung für eine möglichst gute Erschließung der Wasser- und Nährstoffvorräte im Boden ein wichtiges Zuchtziel. Ein weiteres vielversprechendes Kriterium ist der sogenannte „Stay-Green-Effekt“ – ein Hinauszögern von Blattalterung und -welke nach der Blüte des Maises. Genoptypen mit dieser Eigenschaft können die Blattalterung in Trockenstressphasen hinauszögern und bei Wasserzufuhr durch Niederschlag oder Bewässerung erneut die Fotosynthese aufnehmen. Darüber hinaus werden auch die Synchronität der männlichen und weiblichen Blüte und das Einrollen der Blätter als Schutzmecha-nismus bei Trockenstress als mögliche Ansätze für die züchterische Bearbeitung diskutiert.


Was die Landwirte tun können

Mit Blick auf die Zielgröße „Wasser effizient zu nutzen“ verfügt die Landwirtschaft je nach Standort über unterschiedliche Möglichkeiten. Ein Ansatz besteht in der verbesserten Speicherung von Niederschlagswasser durch eine stärkere Infiltration und die Reduktion von unproduktivem Oberflächenabfluss. Hier kann unter Umständen mit der Abkehr vom Pflug und einer dauerhaften Mulchwirtschaft eine gute Grundlage gelegt werden. Prof. Ehlers: „Durch Infiltrationssteigerung und Evaporationshemmung fördert ´Festbodenmulchwirtschaft´ (auch in Form der Streifenbearbeitung) die Bereitstellung von Bodenwasser.“ Aber auch hier gilt: Patentrezepte gibt es nicht, Strategien müssen immer an einen Standort und die dort gegebene Situation angepasst sein.

Neben der Sortenwahl, die bei häufiger Sommertrockenheit die Trockentoleranz und eine möglichst lange Wachstumsperiode im Blick halten sollte, ist auch die bedarfsgerechte Düngung ein Parameter, der in der Hand der Landwirte liegt. Zu berücksichtigen ist ebenso, in welchem Umfang die Winterniederschläge den Bodenwasservorrat ergänzen oder dieser über eine wasserzehrende Winterzwischenfrucht vermindert wird. Mit der Saatdichte kann ebenfalls Einfluss auf die Wasserproduktivität genommen werden, da so die Relation zwischen unproduktiver Evaporation und produktiver Transpiration verbessert wird. Ob eine Beregnung, wie sie derzeit an einzelnen Standorten unverzichtbar ist, dauerhaft realisierbar sein wird, ist angesichts der zunehmenden Konkurrenz um die nur begrenzt verfügbare Ressource Wasser eher fraglich. Viele Faktoren beeinflussen also den Wasserverbrauch von Kulturpflanzen. Einfache Lösungen, die immer und überall funktionieren, gibt es deshalb nicht.

Wussten Sie schon?