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Maisfelder als Lebensraum für die Vogelwelt

Mais ist als landwirtschaftliche Nutzpflanze weit verbreitet und wurde in Deutschland im Jahr 2020 auf rund 2,7 Millionen Hektar angebaut. Da er erst ab dem späten Frühjahr keimt und wächst, ist Mais in dieser Zeit als Bruthabitat für die Vögel der Agrarlandschaft nur eingeschränkt nutzbar. Wie aber ist er im weiteren Jahresverlauf zu bewerten und welche Rolle spielt er als Rast- und Nahrungshabitat im Sommer und Herbst?

 

Was den Mais von anderen Kulturen unterscheidet

Während Winterungen wie Weizen oder Raps bereits im Frühjahr eine dichte Vegetationsdecke ausgebildet haben, die von verschiedenen Vogelarten als Nisthabitat genutzt werden kann, bietet Mais frühestens ab Ende Mai eine entsprechende Deckung. Trotzdem gibt es Arten wie etwa den Kiebitz, der Maisfelder zur Brutzeit anderen Lebensräumen vorzieht. Wichtig ist dann, dass das Umfeld die Ernährung der Jungvögel sicherstellen kann. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den landwirtschaftlichen Kulturen zeigt sich auch im Sommer: Während Mais zunehmend dichter und höher wächst und damit sowohl ein kühleres Mikroklima als auch ein zum Teil reichhaltiges Nahrungsangebot etwa in Form von Blattläusen bietet, reifen die anderen Kulturen zu dieser Zeit bereits ab, werden geerntet und gehen damit als Lebensraum verloren. Neben Grünland und Brachflächen bieten dann die später abreifenden Feldfrüchte wie der Mais sowohl Rast- als auch Nahrungsangebote und Deckung, die erkennbar von den Vögeln genutzt werden. Dabei scheinen die Randbereiche der Maisfelder bis 50 m im Bestand deutlich attraktiver zu sein als die Innenflächen von großen Maisschlägen. Dies bietet Ansatzpunkte zur Verbesserung des Lebensraums durch Anlage von entsprechender Strukturen und Naturschutzmaßnahmen. Eine wichtige Rolle können Maisfelder sogar noch nach der Ernte spielen: Ernterückstände, die auf den Flächen verbleiben, werden gerne von Zugvögeln genutzt, um Energiereserven für ihre lange Reise aufzunehmen.

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Eingeschränktes Potenzial von Ackerkulturen

Die Nutzung einer bestimmten Fläche ist nicht allein dafür ausschlaggebend, ob sich diese als Lebensraum eignet, denn auch der Landschaftskontext spielt eine Rolle. So legen Studien nahe, dass die landschaftliche Umgebung rund um die untersuchten Maisfelder entscheidenden Einfluss auf die festgestellte Vogeldichte in den Maisfeldern selbst ausübt. Auch die Jahreszeit hat signifikanten Einfluss auf das Auftreten von Vögeln in den Maisfeldern: So überwiegen im Juli und August Standvögel wie Kohl- und Blaumeisen und sogenannte Langstreckenzieher wie Teich- und Sumpfrohrsänger, während hingegen im September und Oktober überwiegend Kurzstreckenzieher wie Rohrammer, Mönchsgrasmücke, Zilpzalp und Rotkehlchen im Mais anzutreffen sind (Gottschalk 2017). Zwar sind die Fangdichten von Vögeln in Maisfeldern bis auf wenige Ausnahmen relativ gering im Vergleich zu Brache oder Grünland. Allerdings liegen auch die Vogeldichten in Wintergetreide oder Raps – bei einem etwas anderen Artenspektrum – insgesamt nicht höher als im Mais.

 

Weitere Faktoren und Lösungsansätze

Die landwirtschaftliche Flächennutzung als alleinige Ursache für einen hohen oder niedrigen Besatz mit Vögeln der Agrarlandschaft heranzuziehen, ist nicht sachgerecht. Der konsequente Schutz von Beutegreifern wie Fuchs, Mäusebussard, Wanderfalke oder Rabenkrähe, die Vögel auf ihrer Speisekarte haben, bewirkt einen hohen Prädatorendruck und entsprechend hohe Verlustraten. Gleiches gilt – zumindest in räumlicher Nähe zu menschlichen Ansiedlungen – für frei-laufende Katzen und Hunde. Nicht zuletzt sind auch Fang und Bejagung von Zugvögeln, die zum Teil bis heute in manchen Ländern üblich sind, als ein belastender Faktor mit zu berücksichtigen, der sich negativ auf die hiesigen Vogelpopulationen auswirkt. Angesichts der unterschiedlichen Eignung von dichten Winterungen wie Weizen und Raps oder spät gesäten, dafür aber später dichten und hohen Kulturen wie Mais im Vergleich zu extensivem Grünland oder Brachflächen können ökologische Vorrangflächen einen maßgeblichen Beitrag zum Schutz der Vogelwelt leisten, wenn sie eine hohe Habitatqualität und einen ausreichenden Flächenumfang aufweisen.

Linktipp: Agrarvögel - ökologische Bewertungsgrundlage für Biodiversitätsziele in Ackerbaugebieten

 

Fazit

Entgegen der mitunter geäußerten Kritik dienen auch intensiv geführte Bestände von Kulturpflanzen wie Mais, Weizen oder Raps als wichtige Nist-, Rast- und Nahrungsräume für Vögel der Agrarlandschaft. Gleichwohl bietet die effiziente Erzeugung von landwirtschaftlichen Produkten der natürlichen Tier- und Pflanzenwelt auf diesen Flächen selbst nur eingeschränkten Lebensraum, hier existiert ein Zielkonflikt. Entsprechend wichtig sind deshalb Begleitstrukturen, insbesondere artenreiche Saumstrukturen im Grenzbereich von Äckern, Eh da-Flächen, ökologische Vorrangflächen sowie die wirksame Vernetzung dieser Elemente in der Agrarlandschaft (Janko 2017).

Wussten Sie schon?